Candy Dulfer ist immer bereit, sich neu zu erfinden. Sie liebt die Bühne und begeistert die Menschen auf der ganzen Welt mit ihrer energiegeladenen Musik. Als Fokus Jazz-Künstlerin tritt sie in diesem Sommer in drei ganz besonderen Konzerten beim Rheingau Musik Festival auf.
Sie kamen schon früh mit Musik in Berührung: Ihr Vater Hans Dulfer ist selbst ein bekannter und leidenschaftlicher Saxophonist. Wie sehr hat er Sie musikalisch geprägt?
In unserem Haus gab es immer Musik. Musikerinnen und Musiker aus aller Welt besuchten meine Mutter und meinen Vater, so dass ich von klein auf feststellte, dass Musik Freude, Liebe und Vielfalt bedeutet. Das empfinde ich immer noch so. Musik kann Menschen auf die effektivste und einfachste Weise miteinander verbinden.
Mit sechs Jahren begannen Sie dann mit dem Saxophonspiel, mit 11 Jahren nahmen Sie Ihre erste Platte auf und gründeten drei Jahre später eine eigene Band. Wann wuchs in Ihnen der Wunsch, die Musik auch zu Ihrem Beruf zu machen?
Mein Vater war Berufsmusiker und sehr erfolgreich, aber er hatte auch immer einen Nebenjob. Er wollte, dass meine Mutter und ich ein gutes Leben haben, auch im materiellen Sinne. Damals verdienten Jazzmusiker nicht viel Geld. Er wollte auch nie seine Kunst kompromittieren, um Geld zu verdienen, also schlief er nur wenig und arbeitete sowohl tagsüber als auch nachts – aber er liebte es. Als ich anfing, hätte ich nie gedacht, dass ich mit dem Saxophonspiel mein Geld würde. Ich dachte, ich bräuchte daneben einen Job, um damit meinen Lebensunterhalt zu verdienen, und ich arbeitete in einer Buchhandlung und machte mein Abitur. Aber als ich mit Prince und Dave Stewart spielen durfte, merkte ich plötzlich, dass ich von der Musik allein leben konnte.
In den 1980er Jahren wurde Musikerlegende Prince auf Sie aufmerksam. 1989 kam Ihr Durchbruch mit der Single „Lily was here“, die Sie gemeinsam mit Eurythmics-Musiker Dave Stewart einspielten, 1990 waren Sie an der Seite von Prince auf seinem Album „Graffiti Bridge“ zu hören. Was hat das als junge Frau mit Ihnen gemacht, mit solchen bekannten Musikern auf der Bühne zu stehen?
Es war surreal, ich hatte mir so etwas nie erhofft. Meine Ambitionen waren bescheiden – oder vielleicht hatte ich nicht genug Vertrauen in meine Fähigkeiten als Musikerin. Jedenfalls ist alles viel größer und besser geworden, als ich es je erwartet hätte.
Ihre Karriere nahm danach weiter an Fahrt auf, Sie standen mit weiteren großen Namen wie Van Morrison, Maceo Parker und der Band Pink Floyd auf der Bühne. Aber Sie wollten trotzdem weiterhin unabhängig sein und Ihren eigenen Weg gehen. War es schwer, sich unter all den Musikgrößen zu behaupten und eine eigenständige Karriere zu machen?
Ja, manchmal bekam ich diese außerordentlichen Angebote, mit unglaublichen Musikern auf Tournee zu gehen – was aber bedeutete, für den Rest meiner Karriere eine Nebenrolle zu spielen. Doch obwohl ich anfangs sehr schüchtern war, hatte ich tief in mir immer das Gefühl, dass ich meine eigene Chefin sein muss. Ich denke, dass ich am Ende eine gute Wahl getroffen habe.
Sie stehen nun seit etwa 35 Jahren sowohl mit ihrer eigenen Musik sowie als Begleitmusikerin auf den großen Bühnen der Welt und sind trotzdem am Boden geblieben. Was ist Ihr Erfolgsrezept?
Ich habe nicht wirklich ein Rezept, es ist manchmal sogar großer Aufwand, seine Relevanz zu behalten und im Spiel zu bleiben. Aber abgesehen davon, dass man immer etwas Neues macht, hart arbeitet und Risiken eingeht, denke ich, geht es vor allem auch darum, so nett wie möglich zu sein. Man muss ein guter Mensch für seine Mitmenschen sein und seinem Publikum gegenüber dankbar und aufgeschlossen sein. Das ist ein großer Teil dessen, was die Leute dazu bringt, bei einem zu bleiben. Ich habe so treue, wunderbare, warmherzige und intelligente Fans, das ist wirklich ein Segen.
Sie sind stilistisch überwiegend im Funk Zuhause. Wie entscheiden Sie, mit welchen Songs, welcher Musik Sie sich als nächstes auseinandersetzen möchten?
Es geht immer um Gefühle. Ich muss etwas zuerst lieben und dann versuche ich, dem etwas Sinnvolles hinzuzufügen. Ich verfolge Trends, weil ich wissen will, was passiert. Aber nicht jeder Trend in der Musik ist etwas für mich und Funk, Soul und Jazz werden immer das Herzstück dessen sein, was ich mache.
Als Musikerin sind Sie oftmals auch in der ganzen Welt unterwegs. Ist das Tour-Leben anstrengend für Sie? Was schätzen Sie am Reisen und am Zuhause-Sein besonders?
Ich finde es wunderbar, zu Hause zu sein, aber auch anstrengender, weil man dann immer die Erwartung hat, freie Zeit zu haben. Doch dann heißt es Rechnungen bearbeiten, Wäsche waschen und Lebensmittel einkaufen (lacht). Auf Tournee befinde ich mich in einer kleinen Traumwelt mit meiner wunderbaren Band und Crew – und ich muss nie mein eigenes Bett machen. Wenn ich jetzt noch meine Familie immer mit auf Tour nehmen könnte, wäre das die ideale Situation (lacht).
Die Musik ist nicht Ihr einziges Standbein. Ab 2007 begannen Sie auch Sendungen im niederländischen Radio und TV zu moderieren, in denen Sie Künstlerpersönlichkeiten oder Ihre Lieblingsstücke präsentieren. Was genau macht das Moderieren für Sie attraktiv?
Auch aktuell moderiere ich im Radio und habe ein wöchentliches zweistündiges Programm. Und auch das mache ich aus dem einen Grund: meiner Liebe zur Musik, zu Musikerinnen und Musikern und dem Bedürfnis, einem großen Publikum Talent und großartige Musik näher zu bringen. Ich habe in meinen jungen Jahren so viel schöne Musik und fantastische Menschen kennengelernt, dass ich das jedem wünsche. Ich möchte Barrieren abbauen und die Menschen dazu bringen, über den Tellerrand hinauszuschauen. Das ist meine Berufung.
Mit großer Leidenschaft setzen Sie sich auch für den musikalischen Nachwuchs im Pop- und Jazz-Bereich ein. Auch beim Rheingau Musik Festival kuratieren Sie seit 2022 in der Reihe „Candy Dulfer empfiehlt…“ drei Konzerte, in denen Sie dem Rheingauer Publikum junge Musikerinnen und Musiker vorstellen. Was ist Ihre Motivation dahinter und was möchten Sie diesen jungen Menschen mit auf den Weg geben?
Nun, es gibt mir eine große Zufriedenheit, große Talente und ein liebenswertes Publikum zusammenzubringen, weil sie sich gegenseitig brauchen, und weil ich es liebe, in diesem Prozess der Katalysator zu sein. Und ich selbst hatte auch so viele wunderbare Menschen in meinem Leben, die mir geholfen haben, als ich jung war, dass ich das weitergeben möchte, indem ich jüngeren Musikerinnen und Musikern unterstütze und sie ermutige.
Im Jahr 2018 waren Sie das erste Mal beim Rheingau Musik Festival zu Gast, 2021 traten Sie bei den Strandkorb-Konzerten in der BRITA-Arena auf. Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Konzerte beim Rheingau Musik Festival?
Beide Konzerte waren großartig, aber das Strandkorb-Open Air ’21 war sehr emotional. Es war unsere erste Show nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie und ich war so glücklich und dankbar, wieder auftreten zu können, dass ich, glaube ich, bei jedem zweiten Song geweint habe (lacht).
Sie stehen in Ihren diesjährigen Konzerten mit verschiedensten Musikerinnen und Musikern und Programmen auf der Bühne. Wie konzipieren Sie solche Konzert-Programme und wie wählen Sie die entsprechenden Musikerinnen und Musikern dafür aus?
Diese Dinge passieren einfach, ich treffe viele neue Musikerinnen und Musiker auf Tournee oder finde sie im Internet. Es gibt mittlerweile so viele Talente da draußen, das ist einfach umwerfend und inspirierend. Ich kann sie ansprechen und die coolsten Sachen organisieren, aber das Rheingau Musik Festival macht die Umsetzung möglich und dafür bin ich sehr dankbar!
Bei Ihrem ersten Konzert im diesjährigen „Sommer voller Musik“ treten Sie gemeinsam mit dem Gitarristen und Singer-Songwriter Jonathan Butler auf der Seebühne von Schloss Vollrads auf. Musizieren Sie beide schon länger zusammen?
Wir kennen und bewundern uns seit vielen Jahren und jammen gelegentlich zusammen, hatten aber noch nie die Möglichkeit, zusammen aufzutreten. Ich bin so aufgeregt darüber, dass ich eine Gänsehaut bekomme, wenn ich daran denke! Wenn Sie Jonathan live erleben, werden Sie sehen, wovon ich spreche. Seine Musik ist sehr spirituell, und obwohl wir aus verschiedenen Teilen der Welt kommen, fühlen wir uns so verbunden – auch weil wir eine schmerzhafte historische Vergangenheit in Bezug auf die Apartheid teilen. Musik heilt und verbindet die Menschen.
Im Wiesbadener Kurpark werden Sie mit Musikerinnen und Musikern, die ebenfalls mit Prince zusammengearbeitet haben, eine Tribute-Show für diese Musikikone auf die Bühne bringen. Was darf das Publikum an diesem Abend erwarten?
„The Purple Jam“ ist unsere Art, uns bei ihm zu bedanken, und gleichzeitig geht es darum, die Erinnerung an Prince lebendig zu halten. Natürlich werden die Leute immer seine Musik hören, aber es gibt bereits eine neue Generation, die ihn nie live erlebt hat und ihn nie wieder sprechen und singen hören wird. Da wir alle viele Jahre lang eng mit ihm zusammengearbeitet haben, können wir hoffentlich ein bisschen von diesem Funken und der Stimmung zurückbringen. Wir werden seine Lieder spielen, aber auch Geschichten über unsere gemeinsamen Erlebnisse erzählen. Und Songs spielen, die von ihm inspiriert sind. Aber vor allem werden wir Spaß haben!
Last but not least werden Sie auf dem Gestüt Schafhof in Kronberg mit einer Band auftreten, die ausschließlich aus Frauen besteht. Ist es ein anderes Gefühl, eine andere Energie, wenn man nur mit Frauen auf der Bühne steht?
Das ist es! Und es wird etwas ganz Besonderes sein, da ich selten die Gelegenheit dazu hatte. Ich werde ein paar super talentierte Frauen mitbringen und freue mich sehr auf dieses „Female Fest“.
Zum Schluss: Worauf darf sich das Publikum des Rheingau Musik Festivals bei Ihren Konzerten besonders freuen? Und worauf freuen Sie sich ganz besonders?
Ich fühle mich, als wäre der Rheingau jetzt meine zweite Heimat. Ich bin absolut begeistert und fühle mich sehr geehrt, Fokus Jazz-Künstlerin zu sein. Und das Publikum kann mit einigen wirklich temperamentvollen und inspirierenden Konzerten rechnen, denn selten bekomme ich die Chance, mich so sehr auszuprobieren und Dinge zu tun, die so anders sind als meine üblichen Shows. Ich bin super aufgeregt, wie Sie vielleicht merken, und ich kann es kaum erwarten!
K 37 | Di. 9.7. | 19 Uhr
Schloss Vollrads, Seebühne
Candy Dulfer & Jonathan Butler
K 70 | Sa. 20.7. | 19:30 Uhr
Wiesbaden, Kurpark
„The Purple Jam“ – A Tribute to Prince
Candy Dulfer, saxophone
und weitere Musikerinnen und Musiker, die mit Prince zusammengearbeitet haben
K 123 | Fr. 16.8. | 19:30 Uhr
Kronberg, Gestüt Schafhof
Candy Dulfer: Ladies Night
Candy Dulfer & Female Band
Titelfoto © Paul Bossenmaier