Foto © Cosimo Filippini
Text: Ruht Seiberts
Was sie auszeichnet, ist ein kostbares Gut geworden in den vergangenen zwei Jahren: Junge Menschen bis 26 Jahre aus zwei Dutzend europäischen Ländern finden sich zusammen, um sich gemeinsam dem zu widmen, wofür sie brennen: der Musik. Nähe und Zusammenhalt zählen, ebenso der internationale Austausch, überhaupt: die gelebte Idee eines vereinten Europas. Keine Frage, die Musikerinnen und Musiker des Gustav Mahler Jugendorchesters (GJMO) hatten einen besonders schweren Stand in Zeiten, in denen Abstand gefragt und Reisen erschwert war. Von den Gefahren des geteilten musikalischen Atems ganz zu schweigen.
Sie haben die Zeit überstanden, und mehr noch: Sie haben das Beste daraus gemacht. Standen etwa im August 2021 bei Fuß, um kurzfristig bei den Salzburger Festspielen für das aufgrund von Quarantänebestimmungen verhinderte City of Birmingham Symphony Orchestra einzuspringen und ein fulminantes Eröffnungskonzert in der Felsenreitschule abzuliefern (und, ganz nebenbei, um sich damit für das Eröffnungskonzert der Festspiele 2022 mit Teodor Currentzis zu empfehlen). Waren im Mai des Jahres diejenigen, die die Töne zurück in den Wiener Musikverein brachten. Hatten auch im Coronajahr 2020 bejubelte Auftritte unter anderem in Italien und in der Semperoper in Dresden. Und veröffentlichten ihre Einspielung der opulent besetzten Gurre-Lieder von Schönberg, die ein jedes Orchester an seine Grenzen zu führen vermögen.
Flexibilität ist nur eine der Kompetenzen des Orchesters. Als „Unglaublich stimulierend“ empfindet Herbert Blomstedt, der im Rheingau einmal mehr das GJMO leitet, die Zusammenarbeit mit den Musikerinnen und Musikern. „Es sollte ja nicht so sein, dass sich Dirigenten gleichsam herablassen, sich erniedrigen, um mit solchen Ensembles zu arbeiten. Diese Studentinnen und Studenten sind vollwertige Musiker und wurden aus ein paar tausend Bewerbern ausgewählt. Das ist schon die Crème de la Crème. Sie brauchen vielleicht ein paar Proben mehr als ein etabliertes Orchester, bringen aber einen enormen Enthusiasmus mit und sind wahnsinnig dankbar.“
Man kann also mit Fug und Recht behaupten, dass die Idee aufgegangen ist, die Claudio Abbado da vor 35 Jahren hatte: ein Projektorchester zu gründen, um jungen Musikerinnen und Musikern das Entree in die Profiwelt zu erleichtern. Die alljährlichen Probespiele in über 25 Ländern setzen den Standard. Wer sich hier unter mehr als 2.000 Bewerbern behauptet, qualifiziert sich für die Arbeitsphasen und anschließenden Tourneen in die großen Musikmetropolen der Welt – und danach auch für Engagements in internationalen Orchestern. Worauf das GJMO aber besonders stolz ist: Es ist das einzige internationale Jugendorchester, das künstlerisch und organisatorisch gänzlich unabhängig von öffentlichen, institutionellen oder privatwirtschaftlichen Trägern agiert und ausschließlich der Förderung des musikalischen Nachwuchses verpflichtet ist. Es steht seit 1991 unter dem Patronat des Europarates. Und auch wenn sich das Projektorchester alljährlich neu erschafft: Seine DNA bleibt unverwechselbar.
27.8. | Sa. 19 Uhr | K 122
Kloster Eberbach
Basilika
Gustav Mahler Jugendorchester
Herbert Blomstedt Leitung
Anton Bruckner Sinfonie Nr. 7 E-Dur