Landesjugendsinfonieorchester Hessen zu Gast

„Jedes LJSO-Konzert sorgt bei mir für Euphorie“

Das Landesjugendsinfonieorchester Hessen (LJSO) vereint seit 47 Jahren die besten hessischen jugendlichen Musiker zwischen 13 und 21 Jahren. Dreimal im Jahr kommen die Jugendlichen zusammen, um zwei Wochen lang in intensiven Probephasen anspruchsvolle Konzertliteratur zu erarbeiten. Am 13.08. ist das LJSO Hessen zu Gast beim Rheingau Musik Festival. Gemeinsam mit dem jungen Geiger Johan Dalene, der als Jahrhunderttalent gelobt wird, und dem Dirigenten Vitali Alekseenok, haben die jungen Musiker mit Sibelius‘ sinfonischer Dichtung „Finlandia“, Mendelssohns Violinkonzert in e-Moll und Tschaikowskis Sinfonie Nr. 5 „Schicksals-Sinfonie“, ein energievolles und emotionsreiches Programm im Gepäck.

Uns standen der Dirigent Vitali Alekseenok sowie die 18-jährige Emma Garten, welche seit zwei Jahren Schlagwerkerin des LJSO ist, im Interview Rede und Antwort.

 

Vitali Alekseenok im Gespräch

Lieber Herr Alekseenok, durch Ihre Zusammenarbeit mit den Landesjugendorchestern in Bayern, in Baden-Württemberg und seit diesem Jahr auch in Hessen, haben Sie schon Erfahrungen mit Jugendorchestern sammeln können. Was reizt Sie an der Arbeit mit Jugendorchestern besonders?
Kurz nach meinem Umzug nach Deutschland vor etwa acht Jahren, habe ich schnell diese Landesjugendorchester-Kultur in Deutschland kennengelernt. Seitdem bin ich fasziniert davon, denn es ist eine ziemlich einzigartige Sache in Deutschland, dass jedes Bundesland sein Landesjugendorchester hat und dass so viele Möglichkeiten für die Jugend gegeben werden, in einem Kollektiv gemeinsam zu musizieren. Was diese Jugendorchester im Vergleich zu Profiorchestern ausmacht, ist eine unglaubliche Energie und Neugier und eine große Lust auf das gemeinsame Musizieren. Für sehr viele Orchestermitglieder ist dies das erste Sinfonieorchester in ihrem Leben. Und diese Frische kann man in der Arbeit und in den Konzerten mit solchen Jugendorchestern sehr genießen. Und ich glaube, das ist das Wichtigste beim Musizieren, dass wir Spaß dran haben, dass wir gemeinsam was erleben und dass wir das mit dem Publikum teilen. Ich erinnere mich noch an die Zeit, als ich mit 17 Jahren zum ersten Mal in so einem Jugendorchester gespielt habe. Daher weiß ich selbst sehr gut, dass man dort viele neue Erfahrungen sammeln kann, teilweise auch lebensbestimmende Erfahrungen. Denn ich habe mich nach einer Arbeitsphase in einem Jugendorchester dazu entschieden, professionell Musik zu machen und das auch weiterhin zu studieren. Jugendorchester haben also mein Leben geprägt und ich weiß, dass Jugendorchester dutzende von jungen Musikern ebenfalls prägen und diese so eine Menge zu unserer musikalischen Landschaft in Deutschland beitragen.

Jetzt haben Sie im Mai bereits das Landesjugendsinfonieorchester Hessen im Rahmen der
Festkonzerte zu 175 Jahre Paulskirche leiten dürfen. Wie haben Sie das Orchester dort erlebt?
Es war eine tolle und intensive Arbeit, allerdings in relativ kurzer Zeit und mit einem nicht allzu langen Programm. Trotz dieser kurzen Zeit konnte ich das Orchester in unserer Konzertreihe schon gut kennenlernen. Ich habe ein gutes Niveau und eine große Lust auf das gemeinsame Musizieren spüren können. Was ich bereits über die Landesjugendorchester erzählt habe, traf voll zu. Ich habe aber auch etwas ganz Neues entdeckt, was ich bisher in keinem Jugendorchester so stark gespürt habe, wie beim LJSO Hessen. Und zwar der sehr starke Trieb nach Professionalität, nach Disziplin und dem Wunsch der ständigen Entwicklung und des gemeinsamen Wachstums, ist mir besonders in Erinnerung geblieben.

Am 13. August geben Sie Ihr Debüt beim Rheingau Musik Festival und stehen erneut als Dirigent des Landesjugendsinfonieorchesters Hessen am Pult. Warum darf man dieses Konzert nicht verpassen?
Natürlich ist es ein fantastisches und buntes Programm, mit vielen Emotionen und unterschiedlichen Ästhetiken. Es ist eigentlich ein Programm, wo alle jugendlich sind. Sowohl das Orchester als auch der Solist mit seinen 22 Jahren. Ich als Dirigent bin zwar ein bisschen älter, aber auch noch nicht wahnsinnig alt. Genauso in den Werken als auch im Orchester wird gewaltig viel Energie zu spüren sein. Es ist eine einzigartige Möglichkeit für das Publikum, diese jugendliche Energie mit doch künstlerischer Reife und Professionalität gemeinsam zu erleben.

VItali Alekseenok © Elza Zherebchuk

Mit Finlandia von Sibelius, dem Violinkonzert in e-Moll von Mendelssohn und der 5. Sinfonie von Tschaikowski, haben Sie in der Sommer-Probenphase ein anspruchsvolles Programm im Gepäck. Wie werden Sie die Jugendlichen an dieses Programm heranführen?
Wir haben glücklicherweise fast zwei Wochen, um an diesem anspruchsvollen Programm zu arbeiten. Wir haben ein großes Team von Dozenten und einen Assistent-Dirigenten, welche mit jeder Registergruppe im Orchester intensiv proben werden und bei den Tuttiproben werden wir natürlich professionell und an der musikalischen Aussage der Werke arbeiten. Damit das Orchester mehr Kontakt und Bezug zu dieser Musik hat, werde ich wahrscheinlich ein bisschen über diese Musik erzählen und erklären.

Inwieweit unterscheiden sich die Proben eines Jugendorchesters von einem Profiorchester?
Da die jungen Musiker eines Jugendorchesters noch weniger Erfahrung haben als professionelle Musiker, sollte man den Jugendlichen mehr Bezug zur Musik ermöglichen und die Richtung zeigen, damit alle sich wirklich in einem Kollektiv wiederfinden können. Man kann bei der Arbeit mit einem Jugendorchester sogar mehr machen als mit Profis. Man kann die Konventionen brechen und viel flexibler arbeiten. Natürlich haben wir auch mehr Zeit, um diese Reise musikalisch und menschlich zu gestalten. Welche Techniken man aber in einem Jugendorchester verwenden kann, das bleibt das Geheimnis eines Dirigenten. Aber ich kann verraten, dass die Arbeit mit solchen Orchestern intensiv, bunt und erlebnisvoll ist.

Emma Garten im Gespräch

Liebe Emma, du bist seit knapp 2 Jahren Mitglied des LJSO-Hessen und spielst dort Schlagwerk und engagierst dich außerdem als Orchestersprecherin. Was macht für dich das LJSO so besonders?
Das LJSO bedeutet für mich in erster Linie eine Zeit mit tollen Menschen und die Erarbeitung eines Programms. Die Motivation und Arbeitsbereitschaft des Orchesters ist groß. Diese Energie, die man bei Proben und besonders bei Konzerten spüren kann, dieser jugendliche Spirit, dennoch ohne den Bezug zur Professionalität zu verlieren, ist einzigartig und immer wieder ein besonders Erlebnis.

Dreimal im Jahr trefft ihr euch in den Schulferien zu zweiwöchigen Probephasen. Wie läuft so eine Probephase ab?
Am Anfang steht eine Crash-Probe an, in der das Programm durchgespielt wird, um festzustellen, wo am meisten Probebedarf besteht. Danach wird intensiv mit professionellen Dozenten in den einzelnen Stimmgruppen geprobt, in denen am gesamten Programm und vor allem an technisch schwierigen Stellen gearbeitet wird. Natürlich arbeiten wir danach viel mit dem ganzen Orchester zusammen. Die Tutti-Proben machen mir am meisten Spaß, da zu diesem Zeitpunkt die Stücke sich in ihrem vollen Klang entfalten können und dann vor allem an der Musik gearbeitet wird.

Zum Schluss: Wie sehr freust du dich auf euer Konzert am 13.08. im Kurhaus Wiesbaden?
Ich freue mich auf jeden Fall sehr und bin dankbar für diese Gelegenheit. Jedes LJSO-Konzert sorgt bei mir für Euphorie, aber ein Konzert in einem solch beeindruckenden und geschichtsträchtigen Saal zu haben, ist einmalig.

LJSO Hessen © Konrad Merz

Die Gespräche führte Ben Herrigt.

Titelfoto © Konrad Merz

Das LSJO Hessen beim Rheingau Musik Festival

K 126 | 13.8. | So. 19 Uhr
Kurhaus Wiesbaden
Friedrich-von-Thiersch-Saal

Johan Dalene, Violine
Landesjugendsinfonieorchester Hessen
Vitali Alekseenok, Leitung